Der Ruf in die Nachfolge

Der Ruf in die Nachfolge

Einleitung

Das Wort von der billigen Gnade hat mehr Christen zugrunde gerichtet als irgendein Gebot der Werke. Wir wollen nun in allem folgenden das Wort für diejenigen ergreifen, die eben darin angefochten sind, denen das Wort der Gnade erschreckend leer geworden ist. Es muß um der Wahrhaftigkeit willen für die unter uns gesprochen werden, die bekennen, daß sie mit der billigen Gnade die Nachfolge Christi verloren haben und mit der Nachfolge Christi wiederum das Verständnis der teuren Gnade. Einfach, weil wir es nicht leugnen wollen, daß wir nicht mehr in der rechten Nachfolge Christi stehen, daß wir wohl Glieder einer rechtgläubigen Kirche der reinen Lehre von der Gnade, aber nicht mehr ebenso Glieder einer nachfolgenden Kirche sind, muß der Versuch gemacht werden, Gnade und Nachfolge wieder in ihrem rechten Verhältnis zueinander zu verstehen. Hier dürfen wir heute nicht mehr ausweichen. Immer deutlicher erweist sich die Not unserer Kirche als die eine Frage, wie wir heute als Christen leben können. (dieser Text stammt von D. Bonhoeffer, Buch Nachfolge, Kapitel 1)

Markusevangelium 2,14: „Und da Jesus vorüberging, sah er Levi den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach.“

Ist Jesus wahnsinnig? Wer soll den Zoll einnehmen, wenn Levi seine Stelle verläßt? Was werden die Römer dazu sagen? Wovon soll Levi nun leben? Auf all diese Fragen geht der Evangelist Markus nicht ein, denn sie sind überflüssig. Markus hat absichtlich nicht mehr aufgeschrieben, als diesen kurzen Text, denn er will auf diese Fragen keine Antworten geben.

Wir müssen uns vor Augen halten, daß der Rufende Christus, Gottes Sohn, war. Die höchste Person (höher als Kaiser und König) des Universums kommt zu Levi und verlangt von ihm mitzukommen. Der Höchste muß sich für sein Tun nicht rechtfertigen.

Als Levi aufstand und nachfolgte wurde er gläubig.

Mit „gläubig“ ist durchaus das gemeint, was wir heute unter „gläubig“ verstehen.

Der Ruf Gottes ergeht an Levi und unter Einfluß dieses mächtigen Rufes begibt sich Levi unter die Herrschaft Gottes, d. h. er wird gläubig.

Können wir das Handeln Levis 1:1 auf uns übertragen? Antwort: Nur in dem Sinne, daß auch wir alle Bereiche unseres Lebens der Herrschaft Christi überlassen sollen, wenn er uns ruft. Bei Levi (=Matthäus), Petrus, Johannes usw. ist zu beachten, daß Jesus tatsächlich eine Aufgabe für sie hatte, die wichtiger war als ihr irdischer Beruf: Menschenfischen.

Schon zu Jesu Lebzeiten gab es einen ganzen Haufen von Jüngern und nur 12 von ihnen ordinierte er zu Aposteln. Die meisten von uns heute werden erst einmal in ihrem Beruf bleiben, wenn ihnen auch klar ist, daß er um des Himmelreiches willen jederzeit zur Disposition stehen kann.

Es bedarf fast keiner Erläuterung, daß es Berufe gibt, die mit dem Christentum absolut unvereinbar sind: Zuhälter, Verleger von Pornoheften, Prostituierte, Spielhallenbetreiber, Casinobetreiber, Besitzer von Säuferkneipen usw. Diese Berufe sind sofort aufzugeben!

Auch in einem ehrbaren Beruf kann bisweilen eine Entscheidung notwendig werden: Es kann vorkommen, daß man vielleicht mal eine Arbeitsstelle wechseln muß, weil der Chef Dinge verlangt, durch die man mit den Geboten in Konflikt kommt. LKW-Fahrer ist z. B. ein höchst ehrenwerter Beruf, was aber wenn der Chef verlangt bei den Ruhezeiten zu betrügen? Dabei wäre der Betrug noch das geringste, aber ein unausgeschlafener Fahrer gefährdet sich und andere Verkehrsteilnehmer: Du sollst nicht töten!

Was ist mit der Verkäuferin, die abgelaufenes Fleisch umetikettieren  soll?  Wenn sie Christ ist, wird sie nicht nur dem Chef gehorsam sein wollen, sondern auch an die Gesundheit der Kunden denken: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!

Was ist mit dem Bauern, dessen monatliches Einkommen direkt proportional ist zu der Menge der Schädlingsbekämpfungsmittel, die er ausbringt. Wenn er Christ ist, wird er nicht nur an seinen Geldbeutel denken, sondern auch an die Leute, die später sein Getreide in Form von Brot konsumieren: Tu sollst nicht töten!

Auch Wirt ist ein ehrbarer Beruf und jeder freut sich doch über ein gute Gaststätte. Was ist aber, wenn meine Gaststätte nicht nur von hungrigen, sondern auch von sehr durstigen Leuten besucht wird, die sich den ganzen Tag die Birne zuschütten. Wenn ich Christ bin, werde ich nicht nur darauf bedacht sein, Hektoliter von Bier zu verkaufen, sondern werde den trinkenden Gästen helfen ihre persönlichen Probleme zu lösen und zwar ohne Alkohol. Wenn sie das nicht wollen, können sie woanders hingehen und auf ihr Geld verzichte ich.

Kann ich als Christ Dumping-Löhne zahlen, und gleichzeitig in einer Villa in München-Herzogpark wohnen?

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Letztendlich ist jeder selbst vor Gott verantwortlich, was er tun kann und was nicht. Es hängt vom Einzelfall ab, welche Schritte der Einzelne unternehmen muß. Der Zuhälter muß natürlich seinen Beruf aufgeben, wenn er Jesus nachfolgen will. Der LKW-Fahrer wird vielleicht zunächst versuchen die Stelle zu wechseln. Angenommen, er merkt nach mehreren Stellenwechseln, daß die ganze Branche eine einzige Mafia ist, bleibt ihm nur noch, den Beruf aufzugeben. Auch die Verkäuferin wird vielleicht zunächst einen Stellenwechsel versuchen und dann weitersehen. Wenn bei Verringerung der Spritzmittel der Bauer seine Familie nicht mehr versorgen kann, bleibt ihm nur der Berufswechsel. Letztendlich sollte jeder Einzelfall in Kooperation mit einem Seelsorger der Kirche gelöst werden. Es ist gut, daß wir jetzt auf die Kirche zu sprechen kommen. Der Schritt Levis in die Nachfolge bedeutete den Zoll zu verlassen und sich Jesus anzuschließen. Für uns würde der Schritt in die Nachfolge bedeuten, daß wir anfangen in die Kirche zu gehen und dort wird uns schon klar werden, was sich an unserem Leben ändern muß. Alles soll unter die Herrschaft Christi kommen: Beruf, Finanzen, Ehe, Familie, Sexualität, usw.. Eine Änderung des Berufes ist sicherlich mit das schwerste, aber da käme eben ein Seelsorger aus der Gemeinde ins Spiel, der einem beistehen könnte. Möge Gott eine lebendige Kirche schenken, die ihren Gliedern seelsorgerlich hilft, Jesus nachzufolgen.

Wir haben nun gesehen, daß Gnade wirklich teuer sein kann hier auf Erden.

Immer noch die meisten Deutschen wurden als Kleinkinder getauft. Diese Taufe ist gültig. Die Taufe ist der Ruf in die Nachfolge. Jeder, der getauft ist, sollte heute noch anfangen als Christ zu leben, denn durch die Taufe ist Kraft da. Das Argument „ich kann nicht glauben“ verfängt nicht, denn die Taufe ist die Volloffenbarung Gottes an jeden Menschen. Wer nicht gehorsam sein will, sagt damit, daß er nicht glauben will. Wie schon gesagt, wir haben heute das Problem in Deutschland, daß die Kirche ihre Aufgabe der Seelsorge kaum wahrnimmt. Dann muß man notfalls den Weg allein gehen und gewisse Schritte tun, auch ohne Seelsorger. Das Wünschen nach Gemeinschaft wird von Gott wie reale Gemeinschaft gerechnet.

Es ist egal, ob man in der evangelischen Kirche getauft wurde oder in der katholischen Kirche. Die Taufe ist gültig! In welche Kirche man gehen will, das prüfe man jedoch genau.

Übrigens wird die Gnade noch teurer, denn wir sollen bisweilen nicht nur etwas verlassen, sondern auf jeden Fall Jesu Christi nicht schämen. Die Gemeinschaft der Jünger mit Jesus hat ihre Entsprechung in der Gemeinschaft der Christen in der Kirche, wo Jesus gegenwärtig ist durch den Hl. Geist. Wenn wir uns schämen in die Kirche zu gehen, dann schämen wir uns zu Jesus zu gehören und dann gehören wir nicht wirklich zu IHM.

Möge Gott seine Kirche erneuern, damit die nicht beschämt werden, die sich Christi nicht schämen wollen, wenn sie im Haus Christi doch wieder nur die Welt finden.

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