Judas Iskariot

Ich glaube, man macht es sich zu einfach, den Fall des Judas einzig auf seine Geldgier zurückzuführen. Ich vermute, das Problem ist vielschichtiger und Judas’ Geldgier war nur ein Teil eines Komplexes, innerhalb dessen Judas zu Fall kam. Es ist ja auch eine ganz alltägliche Feststellung, daß geldgierige Menschen meistens auch noch anderen Lastern verfallen sind, wie z. B. Ehrsucht und Machtgier.

Judas Iskariot war zuächst einer der 12 Apostel, der sich in nichts von den anderen Aposteln  unterschied. Wie die anderen Apostel auch hatte Judas von Jesus die Gabe der Heilung verliehen bekommen. Das könnte ein Hinweis darauf sein, daß Judas zunächst von Herzen gläubig war und nichts Betrügerisches im Sinn hatte. Es ist schwer vorstellbar, daß Gott jemand eine Geistesgabe gibt, der nicht glaubt (man könnte ja auch annehmen, Judas sei von vorneherein ein Betrüger gewesen, aber dagegen spricht, daß Jesus ihm die Geistesgabe der Heilung gab).

Als die 12 Apostel unterwegs waren und heilten und predigten, kam es sicherlich vor, daß mancher Geheilte sich mich einem Geldgeschenk erkenntlich zeigen wollte.

Evangelium nach Matthäus 10, 1-8:

1Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unreinen Geister, dass sie die austrieben und heilten alle Krankheiten und alle Gebrechen. 2 Die Namen aber der zwölf Apostel sind diese: zuerst Simon, genannt Petrus, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder; 3 Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus; 4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn verriet. 5 Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter, 6 sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel. 7 Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. 8 Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus. Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch.

“Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch!”, befahl Jesus den Jüngern.

Jesus wollte offensichtlich nicht, daß die Apostel für ihren Dienst Geld nahmen.

Matthäus 12, 1:

1 Zu der Zeit ging Jesus durch ein Kornfeld am Sabbat; und seine Jünger waren hungrig und fingen an, Ähren auszuraufen und zu essen.

Obwohl doch die Apostel so fleißig waren, mutete Jesus ihnen einen ziemlich bescheidenen Lebensstil zu, sodaß sie sich manchmal von rohen Getreidekörnern ernähren mußten. Gleichzeitig waren sie sich der großen Geldsummen bewußt, die ihnen vielleicht von manchem Geheilten angeboten wurden.

Es könnte sein, daß Judas dieses Leben nach einer Weile satt hatte. Warum sollte man von den Geheilten kein Geld nehmen? Judas wollte für seinen Dienst auch entsprechend entlohnt werden und verlangte vielleicht auch mehr Ehre und einen höheren Rang. Beim letzten Abendmahl saß Judas neben Jesus. Beanspruchte er vielleicht Jesu Stellvertreter zu sein oder vielleicht sein Nachfolger, falls Jesus einmal ausfallen würde?

Evangelium nach Johannes 13:

21 Als Jesus das gesagt hatte, wurde er betrübt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. 22 Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ihnen wurde bange, von wem er wohl redete. 23 Es war aber einer unter seinen Jüngern, den Jesus lieb hatte, der lag bei Tisch an der Brust Jesu. 24 Dem winkte Simon Petrus, dass er fragen sollte, wer es wäre, von dem er redete. 25 Da lehnte der sich an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist’s? 26 Jesus antwortete: Der ist’s, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot. 27 Und als der den Bissen nahm, fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald! 28 Aber niemand am Tisch wusste, wozu er ihm das sagte. 29 Einige meinten, weil Judas den Beutel hatte, spräche Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest nötig haben!, oder dass er den Armen etwas geben sollte. 30 Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht.

Vermutlich hatte Judas den Plan gefaßt, Jesus zu entmachten und die Herrschaft über die Jünger zu übernehmen. Jesus mußte die Jünger vor dem Verräter warnen, um zu verhindern, daß der Verräter nach Jesu Gefangennahme tatsächlich die Jünger an sich reißen würde. Jesus sagt dies aber nur dem Johannes, der an seiner Brust lehnt, weil dieser schon fähig ist die Notwendigkeit des Todes Jesu zu verstehen. Petrus und die anderen Jünger hätten Judas wahrscheinlich in Stücke gehauen, wenn Jesus ihnen gesagt hätte, daß er der Verräter sei. Wie hätte dann aber der Heilsplan Gottes in Erfüllung gehen sollen?

Doch gehen wir noch einmal zurück an den Anfang der Geschichte. Wenn man die Evangelien liest, fällt auf, daß nach einer Weile des unbeschwerten Dienstes der Jünger es plötzlich zu Schwierigkeiten kam, gleichsam als ob sich irgendetwas Verderbliches eingeschlichen hatte.

Matthäus 17:

14 Und als sie zu dem Volk kamen, trat ein Mensch zu ihm, fiel ihm zu Füßen 15 und sprach: Herr, erbarme dich über meinen Sohn! Denn er ist mondsüchtig und hat schwer zu leiden; er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser; 16 und ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht und sie konnten ihm nicht helfen. 17 Jesus aber antwortete und sprach: O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch erdulden? Bringt ihn mir her! 18 Und Jesus bedrohte ihn; und der böse Geist fuhr aus von ihm und der Knabe wurde gesund zu derselben Stunde. 19 Da traten seine Jünger zu ihm, als sie allein waren, und fragten: Warum konnten “wir” ihn nicht austreiben? 20-21 Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.

Was ist das?

Jesus hatte doch den Jüngern die Gabe der Heilung gegeben. Warum konnten sie nun den mondsüchtigen Knaben nicht heilen, wo sie doch sogar schon Tode auferweckt hatten? In anderen Evangelien steht außerdem noch, daß Jesus gesagt habe, diese Art fährt nicht aus, es sei denn durch Gebet und Fasten.

Hier ergibt sich eine sachliche Nötigung. Wie soll man fasten, in dem Moment, wo man einen Kranken heilen will? Fasten erstreckt sich immer über einen Zeitraum. Es scheint, daß Jesus etwas anderes meint: Es hatte sich unter den Jüngern eine gewisse Laxheit, was Fasten und Gebet angeht, breit gemacht, die den Glauben dämpfte. War die Quelle dafür vielleicht Judas Iskariot, der den bescheidenen Lebensstil Jesu satt hatte?

Es war hier etwas ganz Bedenkliches geschehen. Die kleine, junge Kirche Jesu bzw. die Schar der Jünger war in Gefahr zu verderben oder vom  Glauben abzufallen. Verantwortlich dafür war wahrscheinlich Judas.

Matthäus 17:

24 Als sie nun nach Kapernaum kamen, traten zu Petrus, die den Tempelgroschen einnehmen, und sprachen: Pflegt euer Meister nicht den Tempelgroschen zu geben? 25 Er sprach: Ja. Und als er heimkam, kam ihm Jesus zuvor und fragte: Was meinst du, Simon? Von wem nehmen die Könige auf Erden Zoll oder Steuern: von ihren Kindern oder von den Fremden? 26 Als er antwortete: Von den Fremden, sprach Jesus zu ihm: So sind die Kinder frei. 27 Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh hin an den See und wirf die Angel aus, und den ersten Fisch, der heraufkommt, den nimm; und wenn du sein Maul aufmachst, wirst du ein Zweigroschenstück finden; das nimm und gib’s ihnen für mich und dich.

Was ist das? Judas hatte doch die Kasse der Jünger und war Chef-Ökonom. Warum kamen die Steuereinnehmer zu Petrus und gingen davon aus, daß Jesus die Tempelsteuer nicht zahlen würde? Offensichtlich waren sie zuvor bei Judas gewesen und der hatte sie abgewiesen. Für Judas war klar, daß er und die Apostel die neuen religiösen Führer Israels waren und somit keine Steuer zu zahlen hatten. Gott sei Dank, Jesus konnte die Situation gerade noch retten. Außerdem war die Kasse wieder einmal leer (sonst hätte ja Jesus zu Judas gesagt, er solle die Tempelsteuer aus der Kasse bezahlen) und Jesus mußte das Geld durch ein kleines Wunder beschaffen. Hatte Judas wieder einmal Geld aus der Kasse der Jünger veruntreut?

Matthäus 18:

1 Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist doch der Größte im Himmelreich?

Es mußte den Jüngern doch eigentlich klar sein, daß Jesus so etwas gar nicht leiden konnte (die Frage nach dem persönlichen Rang). Jesus war ihr Herr und Meister und sie waren gleichberechtigte Brüder. Woher kam dieser üble Gedanke, nach dem eigenen Rang zu fragen. War es etwa wieder Judas Iskariot, der die kleine Kirche Jesu etwas ökonomischer gestalten wollte und durch den Aufbau einer Hierarchie disziplinieren wollte? Wenn er die Führung übernommen hätte, würde er es den anderen Jüngern schon zeigen, wie man einen Gewinn erwirtschaftet. Jesus war wirklich ein charismatischer Guru, aber doch etwas zu weltfremd in Judas’ Augen. Kaum kam etwas Geld in die Kasse, gab Jesus auch schon wieder den Befehl, es den Armen zu geben. Oh dieser naive Jesus, wußte er denn nicht, daß er (Judas) und die Kirche (die Jünger) auch Bedürfnisse hatten?

Die Bedrohung für das geistliche Leben der Jünger wird zusehends größer. Jesus muß wirklich befürchten, daß ihm Judas alles kaputt macht und sogar die Führung der Jünger übernehmen will.

Johannes 12:

1 Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. 2 Dort machten sie ihm ein Mahl und Marta diente ihm; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen. 3 Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls. 4 Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, der ihn hernach verriet: 5 Warum ist dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft worden und den Armen gegeben? 6 Das sagte er aber nicht, weil er nach den Armen fragte, sondern er war ein Dieb, denn er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben war. 7 Da sprach Jesus: Lass sie in Frieden! Es soll gelten für den Tag meines Begräbnisses. 8 Denn Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit. 9 Da erfuhr eine große Menge der Juden, dass er dort war, und sie kamen nicht allein um Jesu willen, sondern um auch Lazarus zu sehen, den er von den Toten erweckt hatte. 10 Aber die Hohenpriester beschlossen, auch Lazarus zu töten; 11 denn um seinetwillen gingen viele Juden hin und glaubten an Jesus.

In den anderen Evangelien steht außerdem noch, daß Judas unmittelbar nach der Salbung Jesu zu den Hohenpriestern ging und Jesus verriet. Offensichtlich hatte die Salbung Jesu das Fass zum Überlaufen gebracht. Judas dachte schon lange, daß Jesus zu viel Macht und Geld für sich beanspruchte und zu wenig für ihn (Judas) und die Kirche (die Jünger) übrig hatte. Seinen mangelnden Verdienst vermochte Judas schon lange durch Veruntreuung von kirchlichen Kassengeldern auszugleichen. Wenn Jesus jetzt aber der Kasse, also Judas, eine Einnahme von 300 Denaren (Silbergroschen) vorenthielt, was einem Jahresverdienst entsprach, dann mußte Judas zu härteren Maßnahmen greifen. Jesus mußte entmachtet werden.

Matthäus 26:

14 Da ging einer von den Zwölfen, mit Namen Judas Iskariot, hin zu den Hohenpriestern 15 und sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten. Und sie boten ihm dreißig Silberlinge. 16 Und von da an suchte er eine Gelegenheit, dass er ihn verriete.

Matthäus 26:

47 Und als er noch redete, siehe, da kam Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern und Ältesten des Volkes. 48 Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen genannt und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist’s; den ergreift. 49 Und alsbald trat er zu Jesus und sprach: Sei gegrüßt, Rabbi!, und küsste ihn. 50 Jesus aber sprach zu ihm: Mein Freund, dazu bist du gekommen? Da traten sie heran und legten Hand an Jesus und ergriffen ihn.

Judas überlieferte Jesus mit einem Kuß, das heißt das Judas seine Show noch fortsetzen wollte. Andernfalls hätte er einfach zu den Häschern gesagt: “Das ist er!” Vielleicht wollte Judas nach der Gefangennahme Jesu den Jüngern erzählen, er sei von den Soldaten der Hohenpriester gezwungen worden, sie zu Jesus zu führen. Judas konnte sich vielleicht vorstellen, daß Jesus nun für eine ganze Weile ins Gefängnis wandern würde und er (Judas) konnte sein Stellvertreter sein. Judas geriet in Verzückung, wenn er an die Erhöhung seiner Diäten dachte, die er sich selbst genehmigen würde.

Anders als erwartet wird Jesus zum Tode verurteilt. Das hatte Judas nicht erwartet, obwohl es ihm hätte klar sein müssen. Judas wußte, daß seine Brüder (die anderen Jünger) naive Verehrer ihres Gurus Jesus waren und mit seinem Tod alles aus wäre, und somit auch die Quelle seines Lebensunterhaltes versiegen würde.

Außerdem wollte Judas, nach der Gefangennahme Jesu, die Herrschaft über die Jünger übernehmen. Gott sei Dank, hatte aber Jesus dem Johannes, der beim letzten Abendmahl an seiner Brust lag, deutlich gemacht, daß Judas der Verräter wäre. So ließen die Jünger Judas abblitzen, als er das Kommando übernehmen wollte, was ihn sicherlich nicht in eine fröhliche Stimmung versetzte. Mit einem ehemaligen Jünger ihres Feindes Jesus wollten die Hohenpriester auch nichts zu tun haben. So hatte sich Klein-Judas zwischen die Stühle gesetzt und befand sich jetzt in einer außerordentlich schwierigen Situation. Alle Hoffnungen auf einen künftigen einfachen Lebensunterhalt waren nun dahin. Judas beschloß, diese Welt zu verlassen.

Matthäus 27:

Am Morgen aber fassten alle Hohenpriester und die Ältesten des Volkes den Beschluss über Jesus, ihn zu töten, 2 und sie banden ihn, führten ihn ab und überantworteten ihn dem Statthalter Pilatus. 3 Als Judas, der ihn verraten hatte, sah, dass er zum Tode verurteilt war, reute es ihn, und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und Ältesten zurück 4 und sprach: Ich habe Unrecht getan, dass ich unschuldiges Blut verraten habe. Sie aber sprachen: Was geht uns das an? Da sieh du zu! 5 Und er warf die Silberlinge in den Tempel, ging fort und erhängte sich.

Schlussfolgerung:

Die Reue des Judas aus Matthäus 27 darf nicht mit der Reue eines Christen verwechselt werden, der gesündigt hat. Es handelte sich bei Judas vielmehr um eine kaufmännische Reue: Angenommen jemand kauft ein Aktienpaket und die Aktien fallen im Kurs, danach bereut er den Kauf dieser Aktien.

Lange vor dem Verrat bezeichnete Jesus den Judas schon als Teufel oder als einen, der besser nicht geboren worden wäre. Außerdem veruntreute Judas schon lange vor dem Verrat Gelder aus der Kasse der Jünger. Wahrscheinlich wurden auch die ganzen Rangstreitigkeiten der Jünger von Judas verursacht. Als Jesus von der Frau gesalbt wurde, wird Jesus von Judas scharf kritisiert. Judas hatte offensichtlich keine ausreichende Wertschätzung für Jesus, sonst hätte er sich über die Anbetung seines Meisters durch die Salbung gefreut.

Wir sollten also kein großes Mitleid mit Judas haben. Judas war ein Mensch, der getrieben war von seinen niedrigsten Instinkten. Was er tat, tat er aus niedrigen Beweggründen. Judas ist das Idealbild eines Papstes, er war gierig nach Macht, Ehre und Reichtum.

Ergänzung:

Das Evangelium besteht darin, daß Gott uns alles schenkt aus freier Gnade: Vergebung und ein neues Leben in einem Paket. Das christliche Leben bringt jedoch zwangsläufig Entbehrungen mit sich, denn so wie Jesus leiden mußte und verworfen wurde, müssen auch wir leiden und verworfen werden. Judas Iskariot gehörte offensichtlich zu denen, die Leiden und Verwerfung nicht ertragen wollten. Mit der Ablehnung des Kreuzes (Leiden und Verwerfung) lehnte Judas auch den ganzen Glauben ab und ging verloren.

Laßt uns Leiden und Entbehrung hinnehmen als ganz normale Bestandteile des christlichen Lebens und uns trösten mit der Hoffnung der himmlischen Herrlichkeit.

Und noch etwas:

Als Jesus sich in Jerusalem aufhielt und im Tempel predigte, warum haben ihn die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten nicht einfach so öffentlich festgenommen? In Jerusalem war Jesus ständig von einer Menschenmenge umgeben, die an seinen Lippen hing. Hätte man ihn in aller Öffentlichkeit festgenommen, wäre es zu einem Tumult gekommen, denn viele einfache Juden liebten Jesus, ähnlich wie Johannes den Täufer. So war es sachlich notwendig (aber natürlich unendlich böse), daß Judas den Führern Israels einen Platz verriet, wo sie ihn heimlich ohne Unruhe festnehmen konnten. Das war der Garten Gethsemane, der außerhalb Jerusalems liegt.  Im Grunde genommen hat Judas Jesus indirekt umgebracht, denn ohne seine Anzeige des Garten Gethsemanes hätte man Jesus nicht festnehmen und somit auch nicht töten können.

Man könnte noch fragen, warum das gemeine Volk dann nicht nach der Festnahme Jesu noch rebellierte? Sicherlich konnten viele vom Volk nicht verstehen, daß Jesus einfach passiv blieb und sich nicht wehrte. Das Volk hätte von einem vermeintlichen König eine wirksame Gegenwehr erwartet, auch Gewaltanwendung. Jesus verhielt sich jedoch wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird. In diesem Moment brachen sicherlich viele innerlich mit Jesus, denn das konnten sie nicht verstehen. Auch Petrus verließ ihn ja bei der Festnahme, weil Jesus ihm verbot mit dem Schwert drein zu schlagen.

Der Unterschied zwischen Petrus und Judas:

Jemand könnte die Frage stellen, warum nicht Petrus auch verdammt wurde, der doch ebenfalls Jesus verleugnete.

Zunächst ist offensichtlich, daß Petrus mehr im Affekt gehandelt hat, d. h. er war von der plötzlich hereinbrechenden Situation schlichtweg überfordert und hatte außerdem Jesu Weg noch nicht völlig verstanden (Petrus war wahrscheilnlich die heilsgeschichtliche Notwendigkeit des Todes Jesu noch nicht klar). Bei der Gefangennahme wollten Petrus und die anderen Jünger Jesus unter Gewaltanwendung verteidigen. Petrus liebte seinen Herrn und Meister nach wie vor. Petrus und die anderen Jünger verließen Jesus erst, als sie sahen, daß er sich widerstandslos festnehmen ließ und es ihnen untersagte zu kämpfen. Wie konnte der König Israels eine solch unrechtmäßige Handlung über sich ergehen lassen? Petrus und die anderen Jünger waren hier überfordert. Es war ihnen irgendwie auch verhüllt, warum Jesus am Kreuz sterben mußte. Jesus hatte häufig vergeblich versucht ihnen das zu erklären.

Im Gegensatz zu Petrus liebte Judas Jesus nicht. Für Judas war das Problem nicht, ob Jesus Gewalt anwendet oder nicht, sondern Judas wollte Jesus entmachten und sich an sein Stelle setzen, weswegen er ihn ja verriet. Judas wollte aus der Schar der Jünger, die den Menschen in Demut und Bescheidenheit das Heil Gottes austeilten, eine kleine Papstkirche machen. Judas wollte die geistlichen Heilsgüter Gottes für teures Geld an die Menschen verkaufen und dafür auch noch von den Menschen geehrt werden. Als Haupt seiner kleinen Papstkirche hatte Judas natürlich sich selbst vorgesehen. Aufgrund seiner Geschäftsidee hatte er doch ein natürliches Recht das Unternehmen zu leiten.

Lk 22,32 Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.
Dieser Vers bezieht sich auf Petrus. Obwohl die Verleugnung Jesu durch Petrus nicht so schlimm war wie der Verrat des Judas, war es dennoch eine schlimme Sache und deswegen sagt Jesus: “wenn du dereinst dich bekehrst”. Petrus hatte etwas Schlimmes getan, aber er kehrte wieder um zu seinem Herrn und er hat ihn wieder aufgenommen. An Pfingsten bekamen auch alle den Heiligen Geist, sodaß sie endlich die Wege Gottes verstehen konnten.

10 Antworten zu Judas Iskariot

  1. Jalux schreibt:

    Lieber Herr Brändlein,
    zu ihrer interessanten Interpretation: Sie schreiben, dass es Judas eigentlich hätte klar sein müssen, dass Jesus nicht bloß ins Gefängnis geworfen, sondern getötet werden würde. Da haben wir es ja! So dumm war Judas nämlich nicht, dass er die Tötungsabsichten des hohen Rats nicht kannte. Es ist auch unrealistisch zu glauben, dass Judas davon ausgehen konnte, dass die Jünger ihn als Oberhaupt akzeptieren würden. Seine Beliebtheit unter den Jüngern war, gelinde gesagt nicht sehr groß. Außerdem kannte Judas sehr wohl die göttliche Macht Jesu. Und er hätte auch einiges zu befürchten gehabt, sobald Jesus aus dem Gefängnis zurückgekehrt wäre! Weiterhin hatte die Jüngerschaft Jesu und somit die Nutznießung des Judas nur dann einen Sinn, wenn Jesus die Jünger-Gemeinde führte. Schließlich war er für die Jünger der erwartete Messias, was auch den Tatsachen entspricht. Ich halte daher ihre Ausführungen, wenn auch klug und mit viel Fantasie erdacht, für unglaubwürdig. Vielmehr spricht fast alles dafür, dass Judas Jesus dazu zwingen wollte, seinen Messias-Anspruch vor den Juden und Römern zu offenbaren. Als Jesus sich aber nicht mit Hilfe seiner göttlichen Macht wehrte,- und zwar freiwillig nicht – wurde Judas klar, dass die ganze Schwere der Schuld an seinem Tod auf ihn zurückfallen musste. Außerdem war sein eigener Ruf vollständig ruiniert. Seine Hoffnung, durch die Offenbarungstat des Messias gerechtfertigt zu werden ebenso. Sie können also nicht apodiktisch behaupten, dass die Reue des Judas nicht echt gewesen sei. Sicher war Judas das Bild des auf den eigene Vorteil bedachten herrschsüchtigen Antichristen und „Son des Verderbens“. Seine Rettung steht aber auf einem anderen Blatt. Darüber können Sie nichts sagen. Und warum sollte dies durch die Jünger und Apostel offenbart worden sein?

    • Danke für Ihren sachlichen und interessanten Kommentar.

      Matthäus 27, 3 Als Judas, der ihn (Jesus; R. B.) verraten hatte, sah, dass er zum Tode verurteilt war, reute es ihn, und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und Ältesten zurück.

      Geht aus diesem Vers nicht eindeutig hervor, dass Judas nicht mit der Hinrichtung Jesu gerechnet hat?

      Wie wir wissen, lag die Blutsgerichtsbarkeit damals nicht bei den Juden, sondern bei den Römern – die Juden durften also niemand hinrichten. Gefängnisstrafen allerdings durften sie verhängen, wie man aus der Apostelgeschichte sieht.

      Apg. 5, 17-18 17 Es erhoben sich aber der Hohepriester und alle, die mit ihm waren, nämlich die Partei der Sadduzäer, von Eifersucht erfüllt, 18 und legten Hand an die Apostel und warfen sie in das öffentliche Gefängnis.

      Wie kommen Sie dazu, zu behaupten, Judas sei unter den Jüngern nicht sehr beliebt gewesen; ich vermute eher das Gegenteil. Beim letzten Abendmahl saß Judas direkt neben Jesus (Jesus konnte ihm den Bissen direkt überreichen), was bedeutet, dass er sehr geehrt war unter den Jüngern. Wir lesen nichts davon, dass sich irgendjemand darüber beschwert hätte, dass Judas neben Jesus saß – offensichtlich hielten die Jünger Judas für durchaus würdig, direkt neben Jesus zu sitzen. Offensichtlich genoss Judas große Anerkennung unter den Jüngern.

      Ich gehe davon aus, dass Judas Jesus während seiner Haft vollkommen diffamiert hätte (er hätte Jesus diffamiert, nicht indem er über ihn geschimpft hätte, was ja auch der Papst nicht tut, sondern indem er sich selbst an die Stelle von Jesus gesetzt und seine eigenen Vorstellungen in der jungen Kirche verwirklicht hätte, wie heute der Papst in der kath. Kirche tut), wenn Jesus nicht hingerichtet, sondern eingesperrt worden wäre – es waren ja alle Jünger, nicht nur Judas, verärgert über Jesus, dass die teure Salbe nicht verkauft und der Erlös den Armen gegeben worden war, sondern „verschwendet“ wurde, um „Rabbi Jesus“ zu salben (alle Jünger hatten noch nicht bis in die Tiefe ergriffen, dass Jesus Gott und Gottes Sohn ist; sie ärgerten sich also darüber, dass Gott gesalbt bzw. angebetet wurde, ohne es zu wissen; hätten die Jünger bis in die Tiefe erkannt, wer Jesus ist – nämlich Gott – hätten sie sich über seine Salbung gefreut). Ein Keim des Misstrauens (Rabbi Jesus mache zuviel aus sich selbst) gegenüber Jesus war also bei allen Jüngern vorhanden, nicht nur bei Judas. Wäre Jesus „nur“ eingesperrt worden, hätte Judas es verstanden, die Haftzeit Jesu zu nutzen und aus dem Keim eine Pflanze heranzuziehen und deren Früchte zu ernten. Judas hätte die armen Schafe, deren Hirte abwesend war bzw. im Gefängnis saß, völlig zugrunde gerichtet. Judas hätte die Jünger gelehrt, was er unter Religion verstand.

      Die Jüngern hätten vom Verrat des Judas so schnell nichts erfahren, denn er hatte Jesus mit einem Kuss überliefert (Judas hätte später wahrscheinlich erzählt, die Häscher hätten ihn gezwungen, sie zum Garten Gethsemane zu führen) – sein Ruf unter den Jüngern wäre durchaus nicht ruiniert gewesen. Hätte Jesus im Gefängnis dann behauptet, Judas habe ihn verraten, hätte Judas wiederum behauptet, das sei nur ein Finte von Jesus, weil er ihm das Bischofsamt nicht gönne. Außerdem hätte Judas Jesus erwidern können, warum er als angeblicher Messias nicht in der Lage war, sich selbst aus dem Gefängnis zu befreien unter Anwendung messianischer Gewalt.

      Übrigens verloren die Jünger ihren Glauben an Jesus (für eine Weile) im Moment seiner Festnahme.

      Lukas 22, 31-32 31 Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. 32 Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.

      Sie konnten es nicht fassen, dass Jesus sich einfach so festnehmen ließ, ohne sich zu wehren. Unmöglich, dass so ein Schwächling der Messias sein konnte (so dachten die Jünger). Das hatte Judas sicherlich in seine Kalkulation mit einbezogen und stellte sich vor, der erste Bischof der christlichen Kirche zu sein, während der „etwas anmaßende, zu selbstbewusste Rabbi Jesus bzw. Möchtegern-Messias“ im Gefängnis schmachtete und seine verdiente Strafe empfing.

      Wenn Judas‘ Reue echt gewesen wäre, hätte Gott ihm vergeben können bzw. vergeben. Das NT sagt aber ganz deutlich, dass Judas verworfen wurde, d. h. seine Reue war nicht eine Reue zum Heil, sondern eine profane Reue wie die Reue eines Menschen, der Aktien gekauft hat, deren Kurswert nach dem Kauf dauerhaft sinkt.

      Folgende Verse machen es mehr als unwahrscheinlich, dass Judas trotz seiner Missetat das ewige Leben ererben wird – nein, er hat den Bogen überspannt.

      Johannes 17, 12 Solange ich (Jesus; R. B.) bei ihnen (die Jünger; R. B.) war, erhielt ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, und ich habe sie bewahrt, und keiner von ihnen ist verloren außer dem Sohn des Verderbens (Judas; R. B.), damit die Schrift erfüllt werde.

      Matthäus 26, 24-25 24 Der Menschensohn (Jesus; R. B.) geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre. 25 Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Bin ich’s, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.

      Johannes 6, 70-71 70 Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Und einer von euch ist ein Teufel. 71 Er redete aber von Judas, dem Sohn des Simon Iskariot. Der verriet ihn hernach und war einer der Zwölf.

      Johannes 6, 64 Aber es gibt einige unter euch, die glauben nicht. Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde.

      • Jalux schreibt:

        Vielen Dank für Ihre prompten und belesenen Ausführungen. Trotzdem meine ich, dass Sie hinsichtlich einer zentralen Voraussetzung im Irrtum sind und die Schlussfolgerung, die Sie daraus ziehen, nicht logisch ist.
        Sie glauben: Judas hätte im Jünger-Kreis großes Ansehen gehabt und er hätte an die Stelle Jesu treten und darum Jesus ausschalten wollen.
        Wenn das richtig wäre, dann wäre doch die Hinrichtung Jesu für Judas noch viel vorteilhafter gewesen, als wenn Jesus nur ins Gefängnis geworfen worden wäre, (eine nicht erfolgende Auferstehung natürlich vorausgesetzt). Jesus hätte dann Judas für den Verrat nicht zur Rechenschaft ziehen und ihm später dann auch nicht das Handwerk legen können. Judas hätte sich in Ruhe die Vorherrschaft unter den Jüngern sichern können. Warum sollte denn Judas, dieses Motiv vorausgesetzt, irgendein Interesse daran gehabt haben, dass Jesus nicht hingerichtet wird? Vielmehr hätte er doch sahen müssen: Seht her, nicht einmal die eigene schmähliche Hinrichtung kann dieser angebliche Messias verhindern! Ganz zu Recht wurde dieser Betrüger hingerichtet! Ich habe es doch schon immer gesagt! Ich bin der bessere Prophet!“ Was hätte denn das Ansehen des Judas unter den Jüngern unter der Voraussetzung der Hinrichtung Jesu schmälern sollen, wenn dieses Ansehen des Judas eben gerade nicht durch den Messias Jesus und das Amt, in das Jesus ihn potenziell gesetzt hätte, begründet gewesen wäre!
        Sie haben völlig Recht: Die Gerichtbarkeit, Todesstrafen zu verhängen, lag damals nicht in den Händen der Juden. Judas war aber als geschäftstüchtiger Stratege sicher klug genug, um zu wissen, dass Jesus von den Pharisäern so gehasst wurde, dass diese nichts unversucht lassen würden, ihn fälschlich des Volksaufstandes bei der römischen Obrigkeit anzuklagen. Und Pilatus war ein wankelmütiger Mann, der zwar die Pharisäer hasste, aber sich auch einiger mörderischen Ausschreitungen unter ihnen schuldig gemacht hatte, so dass er mit der Drohung ihn beim Kaiser anzuzeigen, erpressbar war.
        Die Tatsache, dass Judas beim Abendmahl neben Jesus saß, muss nicht bedeuten, dass er nach Johannes den ersten Platz unter den Jüngern einnahm, es kann auch im Gegenteil die besondere Toleranz Jesu dem Judas gegenüber bedeuten trotz seiner Eigenschaften, die den Jüngern sicher nicht verborgen waren, denn der Mund des Menschen spricht, wie es ihm der Zustand seines Herzens eingibt. Besonders Johannes, Petrus und Nathanael waren durch Jesus mindestens insofern geistlich geweckte Menschen, dass sie den Charakter eines Menschen erkennen konnten. Natürlich wären sie nicht so weit gegangen, Judas einen Verrat zuzutrauen.
        Ganz klar ist, dass die Jüngerschaft nur unter der Voraussetzung bestand haben konnte, dass sie in Jesus den Messias anerkannte. Alle Geistesgaben, etwa die der Heilung, hatten sie von ihm. Judas hätte nie die Stelle Jesu vertreten oder gar den Anspruch, der Messias zu sein, geltend machen können.
        Die von Ihnen zitierten Bibelstellen zeigen lediglich, dass Judas nach dem zeitlichen Stand, für den sie galten, der ersten Auferstehung verlustig ging und nicht wie die anderen Jünger ins messianische Friedensreich eingehen und eine leitende Funktion übernehmen wird, also für das Reich Gottes in diesem Fall verloren war. Über die Verdammnis in die Gehenna (nach der zweiten und dritten Auferstehung) nach dem „Tausendjährigen“ Reich ist damit noch nichts gesagt. Man sollte hier keine übereilten Schlussfolgerungen ziehen. Auch Frau Merkel oder Käsmann, deren geistlichen Stand ich genauso beurteile wie Sie, würde ich nicht von vorn herein verdammen, denn wir dürfen und sollen als Christen zwar geistlich über die Taten anderer urteilen, aber nicht die Personen RICHTEN. Eine grundsätzliche Entscheidung zum Bösen ist in diesen Fällen noch nicht getroffen und sie können immer noch zur Einsicht kommen und geläutert werden, denn die Wege Gottes und seine Führungen sind wunderbar und unergründlich, wie Pauls sagt. Aber um das zu erörtern müsste ein neues Thema eröffnet werden, das sehr komplex ist.
        Hier ging es lediglich darum, die psychologische und spirituelle Motivation des Judas zu beleuchten.

      • Vor seiner Gefangennahme und Kreuzigung sagte Jesus den Jüngern mehrmals, dass er auferstehen werde, doch sie verstanden ihn nicht. Mit dem Tod Jesu am Kreuz war für die Jünger also zunächst alles vorbei – sie rechneten nicht mit seiner Auferstehung. Für Judas war klar, dass Jesus selbst der Gegenstand und Mittelpunkt des „neuen“ Glaubens war. Mit dem Tod Jesu war auch der neue Glaube ausgelöscht und Judas‘ Träume von einem einträglichen Bischofsamt konnten nicht mehr in Erfüllung gehen, all seine Hoffnungen auf ein einträgliches Bischofsamt erstarben.

        Markus 9, 9-10 9 Als sie aber vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus, dass sie niemandem sagen sollten, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn auferstünde von den Toten. 10 Und sie behielten das Wort und befragten sich untereinander: Was ist das, auferstehen von den Toten?

        Markus 9, 31-32 31 Denn er lehrte seine Jünger und sprach zu ihnen: Der Menschensohn wird überantwortet werden in die Hände der Menschen und sie werden ihn töten; und wenn er getötet ist, so wird er nach drei Tagen auferstehen. 32 Sie aber verstanden das Wort nicht und fürchteten sich, ihn zu fragen.

        Judas hätte noch die Möglichkeit gehabt, bei den anderen Jüngern um Barmherzigkeit bzw. Aufnahme nachzusuchen, doch, wie gesagt, Jesus hatte beim letzten Abendmahl dem Johannes, der an seiner Brust lehnte, gesagt, dass Judas der Verräter sei. Wenn es auch nirgends ausdrücklich gesagt wird, bin ich doch sicher, dass die Jünger Judas „abblitzen“ ließen, als er bei ihnen vorstellig wurde – seine ganze teuflische Show mit dem Kuss war also umsonst gewesen.

        Stellen wir uns einmal vor, irgendein ein amerikanischer Wissenschaftler könnte beweisen, dass Jesus gar nicht auferstanden wäre, sondern tot sei. Das wäre eine Katastrophe für den Papst, den modernen Judas. Das de facto Haupt der katholischen Kirche ist der Papst (das rechtmäßige Haupt der allgemeinen Kirche ist Jesus) – sein Wille geschieht in der katholischen Kirche (in der allgemeinen Kirche geschieht der Wille Jesu bzw. Gottes). Nichtsdestotrotz ist der Papst von der Existenz Jesu, dessen Amt als Haupt der Kirche er geraubt hat, zumindest was die katholische Kirche angeht, abhängig, da nun mal Jesus auch der Mittelpunkt bzw. Gegenstand der katholischen Religion ist. Sollte wirklich jemand hieb- und stichfest beweisen können, Jesus sei nicht lebendig, sondern tot, dann hätte der Papst einen guten Grund sich zu erhängen mit samt seinen Kardinälen und Bischöfen, denn sie wären der Grundlage ihres Lebensunterhaltes beraubt.

        Verstehen Sie jetzt?

        Judas hatte sich verkalkuliert bzw. unvorsichtig kalkuliert: Selbstverständlich wusste er, dass das jüdische Establishment Jesus hasste bis auf den Tod; er rechnete aber damit, dass eine Tötung Jesu nicht durchführbar sei, weil nicht die Juden, sondern die Römer die Blutsgerichtsbarkeit hatten. Rein rationalistisch gesehen hatte Judas recht, aber die (nicht rationale) Macht der Finsternis riss Pontius Pilatus, Jesu Richter, hinweg und er sprach das schlimmste juristische Fehlurteil aller Zeiten (dass Gott dies in seinen ewigen Ratschluss einbauen konnte zu unserer Errettung, ist keine Entschuldigung für Pontius Pilatus). Judas verkalkulierte sich, indem er die Macht der Finsternis nicht berücksichtigte.

        Lukas 22, 53 Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen und ihr habt nicht Hand an mich gelegt. Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.

        Johannes 19, 11 Jesus antwortete: Du (Pontius Pilatus; R. B.) hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben her gegeben wäre. Darum: der (Judas; R. B.) mich dir überantwortet hat, der hat größere Sünde.

        Ich verstehe nicht, warum Sie so felsenfest darauf bestehen, Judas sei bei den Jüngern unbeliebt gewesen. Können Sie das mit auch nur einem Bibelvers beweisen? Judas verwaltete die Kasse der Jünger – zeigt das nicht, dass er als der vertrauenswürdigste galt unter den Jüngern?

        Nach dem Befund der Bibel gibt es nur zwei Auferstehungen. Wer nicht Teil hat an der ersten Auferstehung, wird im Zusammenhang mit der zweiten Auferstehung gerichtet werden.

        Johannes 5, 29 und werden hervorgehen, die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben, zur Auferstehung des Gerichts.

        Offenbarung 20, 6 Selig ist der und heilig, der teilhat an der ersten Auferstehung. Über diese hat der zweite Tod (nach der zweiten Auferstehung; R. B.) keine Macht; sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit ihm regieren tausend Jahre.

        Judas wird die Ewigkeit in der Hölle bzw. in einem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, verbringen, das ist sicher. Der Rauch seiner Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit.

        Die wichtigste Belehrung für den gewöhnlichen Christen, die die Geschichte mit Judas enthält, ist die, dass er niemals versuchen sollte mittels geistlicher Gaben Geld zu verdienen, ein Geschäft aus dem Glauben zu machen, Kommerz und Glaube zu vermischen. Wenn ein gewöhnlicher Arzt (Mediziner) eine bestimmte Behandlung durchführt, schreibt er dem Patienten eine Rechnung raus mit ganz bestimmten festgelegten Gebühren – das ist völlig legitim, denn der Beruf des Arztes ist ein ganz normaler kommerzieller Beruf, ein Beruf, mit dem man seinen Lebensunterhalt verdient.

        Genauso konnte einer (Neo-Judas?) auf die Idee kommen, es sollte in der Kirche eine Gebührenordnung für bestimmte Heilungen oder andere Dienste geben (dass man tatsachlich für einen bestimmten konkreten Dienst eine Rechnung rausschreibt), das aber wäre völlig gottlos und würde zum völligen geistlichen Ruin der betreffenden Kirche führen – „umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch.“ Der kommerzielle Gebrauch geistlicher Gaben ist verboten bzw. ausgeschlossen.

        Es stellt sich die Frage: Wovon soll dann ein Christ im vollzeitlichen Dienst leben?

        Nun, er schreibt keine Rechnungen raus für bestimmte Heilungen oder andere geistliche Dienste, sondern wird einfach von den Gläubigen vor Ort unterstützt. Der Christ im vollzeitlichen Dienst wird sozusagen von der Ortsgemeinde bzw. der lokalen Gemeinde besoldet. Diese Besoldung geschieht einfach aufgrund der offensichtlichen Ordination des betreffenden Christen, aufgrund seines Amtes und ist nicht von irgendeiner „Arbeitsleistung“ abhängig.

        Siehe auch: Auslegung Lukasevangelium, Kap. 9; Der echte Missionar bzw. Apostel sucht nicht schändlichen Gewinn, ruft zur Buße und hilft auch materiell

  2. Peter E. Willrich schreibt:

    Wer wird denn der nächste Antichrist, wenn Obama ja im November diesen Jahres abgewählt wird? Ich persönlich denke, daß der Antichrist aus einer ganz anderen Richtung kommen wird, die keiner heute vorhersagen kann. Das ist ein Geheimnis GOTTES und wir die Gläubigen werden diese Person erkennen.

    • Vielen Dank für Ihren Kommentar.

      Entschuldigen Sie bitte die verspätete Antwort – ich war einige Tage nicht online.

      Wer sagt eigentlich, dass Obama im November tatsächlich abgewählt wird?

      Ich könnte mir folgendes Szenario vorstellen:

      Frau Clinton gewinnt zunächst den Wahlkampf um die US-Präsidentschaft. Dann aber, kurz vor der wirklichen Machtübernahme bzw. Amtsübernahme, wird sie „plötzlich“ (es wird sie treffen wie ein Blitz aus heiterem Himmel) wieder für eines ihrer vielen Kriminaldelikte angeklagt (Obama wird sie natürlich öffentlich zum Schein verteidigen, aber vermutlich wird er es selbst sein, der im richtigen Moment wieder anfängt, insgeheim Staub aufzuwirbeln bzw. Frau Clinton’s schmutzige Wäsche zu waschen, um ihre Amtsübernahme im letzten Augenblick zu verhindern und selbst im Amt zu bleiben). Ich bin mir sicher, daß Obama jetzt schon mit solchen Gedanken umgeht, und daß das sein Plan ist. Direkt ekelhaft auch, wie die US-Justizministerin (Attorney General) Frau Loretta Lynch Mr. Obama verfallen ist, ihn fast anbetet. Sie wird seine Befehle ausführen wie eine willenlose Marionette. Vielleicht wird sie ihrem Nachnamen „Lynch“ alle „Ehre“ machen, der auch auf Deutsch „lynchen“ bedeutet. Wie kann eine Justizministerin überhaupt „Lynch“ heißen – das grenzt sowieso fast an Dämonie bzw. ist wieder ein Menü aus Teufel’s Küche.

      Über weitere Kommentare würde ich mich freuen.

  3. Jony schreibt:

    Hallo Herr Braendlein, an sich finde ich Ihre Interpretation oder Auslegung des Lebens des Judas recht interessant, da ich so eine andere Sicht auf ihn bekommen habe. Jedoch erscheint mir hier entschieden zu viel nur vermutet. Woher wissen Sie, dass Judas ständig Geld veruntreute? Woher können Sie eindeutig wissen, was in Judas vorging? Woher wollen Sie wissen, welcher Natur Judas‘ Reue war? Und, vor allem, woher wissen Sie, dass Judas die „Herrschaft über die Jünger“ übernehmen wollte? All das erscheint mir doch ziemlich weit hergeholt. Wie wollen Sie all dies belegen?
    Mir wird in diesem Beitrag entschieden zu wenig belegt und zu viel vermutet.

    Ich wünsche Ihnen Gottes reichen Segen

    • Vielen Dank für Ihren Kommentar.

      Was sagen Sie zu Johannes 12, 6? „Das sagte er aber nicht, weil er nach den Armen fragte, sondern er war ein Dieb, denn er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben war.“

      Einerseits hasste Judas Jesus, was man daran sieht, daß er ihn verriet. Andererseits saß er beim letzten Abendmahl ganz nahe bei Jesus, was man daran sieht, daß Jesus ihm mit der Hand einen Happen reichen konnte. Wenn Judas nicht in Jesu Nähe saß, weil er ihn liebte, dann kann es nur einen Grund geben, warum er die räumliche Nähe dessen suchte, den er innerlich verabscheute – er wollte Jesus seines Amtes berauben. Er mußte sich den Jüngern als Stellvertreter Jesu präsentieren. Nach der Neutralisierung Jesu, würde er als sein Stellvertreter dessen Amt als Führer der Jünger bzw. erster Bischof der christlichen Kirche übernehmen.

      Johannes 13, 26 Jesus antwortete: Der ist’s, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.

      Wenn Judas seine Tat im christlichen Sinne bereut hätte (die Buße zum Heil), hätte ihm Gott vergeben. Diesen göttlichen Zuspruch der Vergebung würden wir dann im Neuen Testament dokumentiert finden. Aber tatsächlich wird nichts davon berichtet, daß ihm vergeben wurde. Vielmehr hatte ja Jesus schon vor Judas‘ Tat gesagt, es wäre jenem Menschen besser, er wäre nicht geboren worden, und wehe ihm.

      Mt 26,24 Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.

      Mk 14,21 Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht; weh aber dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.

      Joh 6,70 Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Und einer von euch ist ein Teufel.

      Auch sein schrecklicher Tod ist ein Hinweis darauf, daß ihm nicht vergeben wurde, sondern er wird ewige Strafe leiden im feurigen Pfuhl.

      Mt 27,5 Und er warf die Silberlinge in den Tempel, ging fort und erhängte sich.

      Apg 1,18 Der hat einen Acker erworben mit dem Lohn für seine Ungerechtigkeit. Aber er ist vornüber gestürzt und mitten entzweigeborsten, sodass alle seine Eingeweide hervorquollen.

      Wie ich schon schrieb, reute Judas seine Tat nur in dem Sinne, daß sein Plan misslungen war. Er hatte sich zwischen die Stühle gesetzt. Weder die Jünger Jesu noch die Pharisäer und Schriftgelehrten waren bereit, ihm nach der Gefangennahme Jesu ein gut bezahltes geistliches Amt zu geben – das war das Ende seiner (materiellen) Existenz auf Erden, was ihm mit einer unheimlichen Wucht bewußt geworden sein muß und er entschied sich, diese Welt zu verlassen. Daß man Jesus töten und nicht nur einsperren würde, hätte Judas klar sein müssen, nach alledem, was vor der Kreuzigung schon vorgefallen war.

      Sie sollten alle Stellen im Neuen Testament lesen, wo es (auch) um Judas Iskariot geht, dann wird ihnen der Zusammenhang meines Artikels klar werden.

      Welche Konfession haben Sie?

      Über weitere Kommentare würde ich mich freuen.

  4. bjthie78@gmail.com schreibt:

    Sehr guter Artikel, oder sollte ich besser sagen Predigt. Dies hat mir einiges klar gemacht, vielen Dank.

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