Sind Zeitreisen möglich und ist eine Zeitmaschine vorstellbar?

Die Antwort lautet erstaunlicherweise doch „ja“.

Allerdings wäre die Realisierung eines solchen Projekts nur möglich, wenn wir zuvor eine sehr, sehr einfache, künstliche Welt mit sehr einfachen Bewohnern und ihrer eigenen Zeit schaffen würden.

Stellen wir uns einfach eine Box aus Plexiglas vor. In dieser Box befinde sich ein Stapel Spielkarten und zwei kleine batteriebetriebene Roboter. Einer der beiden Roboter (Roboter RA) habe die Fähigkeit, aus Spielkarten ein Kartenhaus zu bauen, während der andere (Roboter RZ) die Fähigkeit habe, ein Kartenhaus zu zerstören.

Roboter RA sei so programmiert, dass immer, wenn er einen Stapel Spielkarten „sehen“ würde, dies ihm den Impuls geben würde, ein Kartenhaus zu bauen (und er wäre dazu natürlich auch in der Lage). Roboter RZ sei so programmiert, dass er den Impuls, ein Kartenhaus zu zerstören, bekommen würde, wenn er ein fertiges Kartenhaus „sähe“.

Sowohl RA als auch RZ seien außerdem jeweils mit einer Uhr ausgestattet, die während des Baus des Kartenhauses und auch noch während seines Einsturzes läuft. Die beiden Roboter seien so programmiert, dass ihre Uhren unmittelbar nach dem Einsturz des Kartenhauses stehenbleiben würden. Dies wäre durchaus sinnvoll, denn nach dem Einsturz des Kartenhauses würde sich in unserer einfachen Kartenhaus-Welt nichts mehr ändern und es hätte keinen Sinn mehr, dort weiter Zeit messen zu wollen, denn es gäbe da keine Zeit mehr. Weiter seien beide Roboter so programmiert, dass ihre Uhren nicht nur wieder laufen würden, sobald sie wieder einen Stapel Karten sehen würden, sondern sich auch unmittelbar vor Beginn des Laufens wieder auf Null setzten würden. Auch dies wäre durch und durch sinnvoll, denn in unserer einfachen Kartenhaus-Welt beginnt Zeit mit der Existenz eines Stapels Karten.

Könnte man nun die beiden Roboter in ihrer kleinen Kartenhauswelt eine Reise in die Vergangenheit machen lassen?

Dies wäre durchaus möglich (sind Sie, lieber Leser, jetzt erstaunt?).

Nun kommen Sie ins Spiel, lieber Leser.

Sie würden einfach hingehen, den Deckel der Box öffnen (nach der Zerstörung des Kartenhauses durch RZ, was in der Kartenwelt das Ende der Zeit bedeutet), die wild durcheinander liegenden Karten nehmen und wieder sauber auf einen Stapel legen, genauso wie er war, bevor Roboter RA anfing, das Kartenhaus zu bauen. Kaum hätten Sie den Stapel Karten wieder in die Box gelegt, würde Roboter RA wieder anfangen zu bauen und seine Uhr würde wieder anfangen zu laufen (beginnend vom Zeitpunkt Null). Auch die Uhr von Roboter RZ würde wieder anfangen zu laufen (beginnend vom Zeitpunkt Null).

Wichtig:

Indem sie den Deckel der Box öffnen und die durcheinander daliegenden Karten wieder sauber auf einen Stapel legen, drehen Sie in der einfachen, kleinen Kartenwelt die Zeit zurück. Die beiden Roboter haben ja keine „Sinnesorgane“ (besser würde man „Sensoren“ sagen), mit denen sie wahrnehmen könnten, wie Sie, lieber Leser, den Ausganszustand wiederherstellen würden und so hätten sie tatsächlich eine Reise in die Vergangenheit ihrer kleinen Kartenhauswelt gemacht (bezüglich der Zeit, die in der Box gilt). Nur einem außenstehenden Beobachter (Sie oder ich) ist klar, dass die beiden Roboter nur wieder einen Zyklus wiederholen, ihnen selbst aber nicht.

Bitte beachten Sie auch, lieber Leser, dass Sie ja nicht zu der Welt der beiden Roboter gehören, sondern bezüglich der Welt der Roboter ein Außenstehender sind (für die beiden Roboter existieren Sie ja gar nicht). Sie greifen sozusagen von außen in die Welt der beiden Roboter ein.

Da unsere Kartenwelt so einfach und klein ist, könnte man Sie, lieber Leser, einfach durch eine programmierbare Maschine ersetzen, die die Karten des eingefallenen Kartenhauses wieder zusammenklaubt und sauber auf einen Stapel legt. Das wäre dann bezüglich der Welt unserer beiden Roboter eine Zeitmaschine.

 

Das Ganze auf unsere reale Welt bezogen:

Unsere reale Welt ist natürlich unendlich viel vielfältiger und komplizierter als die o. g. Kartenwelt. Wir haben vor allem das Problem, dass bei der Verarbeitung bzw. Bearbeitung von realen Dingen nicht nur ihre makroskopische Struktur (Grobstruktur), sondern auch ihre mikroskopische bzw. molekulare Struktur (Feinstruktur) verändert wird. Auf die molekularen Strukturen haben wir im Allgemeinen keinen Zugriff, d. h. wir können eine veränderte Mikrostruktur nicht einfach so wieder zum Ausgangszustand zurückführen (höchstens in Ausnahmefällen durch ausgeklügelte, aufwendige Verfahren). Nehmen wir mal an, wir backen einen Kuchen: Es ist klar, dass nachdem der Kuchen aus dem Backofen gekommen ist, wir ihn nicht mehr in seine Bestandteile Mehl, Zucker, Eier, Wasser, Fett, Gewürze, etc. zerlegen können. Wenn wir das Backen eines Kuchens als eine kleine Zeitkapsel betrachten, dann ist uns klar, dass wir nicht einmal in dieser kleinen Zeitkapsel den Anfangszustand wieder herstellen können bzw. eine Reise in die Vergangenheit (dieser Zeitkapsel) veranstalten können. Den Kuchen könnten wir nur dann wieder in seine Bestandteile (Backzutaten) zerlegen, wenn wir Zugriff auf die molekulare Ebene hätten, auf die kleinsten Bausteine der Materie.

Der Eindruck eines scheinbaren Phänomens durch rückwärts abgespielte Filme:

Wenn man sich einen rückwärts abgespielten Film ankuckt – z. B. die Aufnahme des Backens eines Kuchens rückwärts abgespielt -, dann stellt man sich die Frage, warum der zu sehende Vorgang nicht auch in der Realität möglich sein sollte, d. h. warum es z. B. nicht möglich sein sollte, einen Kuchen wieder in seine Bestandteile Mehl, Zucker, Eier, Wasser, Fett, Gewürze, etc. zu zerlegen (dies geschieht scheinbar, wenn der Film rückwärts abgespielt wird). Dass es in der Realität nicht möglich ist, einen Kuchen wieder in seine Bestandteile zu zerlegen, liegt einfach daran, dass in der Realität die Zutaten des Kuchens chemische Verbindungen miteinander eingehen, deren Gesamtheit wir Kuchen nennen.

Stellen wir uns die Aufnahme vom Backen eines Kuchens ganz normal vorwärts abgespielt vor. Wir sehen zwar, wie die Zutaten vermischt werden, aber nicht wie sie sich sozusagen (chemisch) miteinander „verhaken“ bzw. verbinden. Das war beim Bau des Gegenübers – eben das o. g. Kartenhaus – in unserem o. g. Kartenwelt anders. Die Karten eines Kartenhausen verhaken sich nicht bzw. gehen keine chemischen Verbindungen mit einander ein, sodass es ein leichtes ist, aus einem Kartenhaus wieder einen Stapel einzelner Karten zu machen. In unserer Kartenwelt ist die Zeit praktisch deswegen so leicht zurückzudrehen, weil es keine Feinstrukturen, sondern nur eine Grobstruktur gibt, auf die ein außenstehender (Sie oder ich) Zugriff hat.

Für unsere reale Welt gäbe es nur ein Wesen, dass die Zeit zurückdrehen könnte und das wäre Gott, denn er hat Zugriff auf die kleinsten Bausteine der Materie. Für Gott wäre es eine Kleinigkeit, einen Kuchen wieder in seine Bestandteile Mehl, Zucker, Eier, Wasser, Fett, etc. zu zerlegen, denn er hätte die Werkzeuge, um die molekularen Verbindungen wieder zu lösen.

Natürlich könnte er auch einen Kuchen (oder eine Tasse oder ein Ei), der uns heruntergefallen und am Boden zerschellt wäre, wieder heile machen und zwar perfekt, sodass er wie frisch gebacken aussähe.

Bezüglich unserer realen Welt gibt es also nur eine vorstellbare „Zeitmaschine“ und das ist Gott selbst. Wenn er wollte, könnte er uns Zeitreisen machen lassen. Allerdings wären Zeitreisen für uns wenig amüsant, denn wir wüssten ja zu einem Zeitpunkt der Vergangenheit nicht, dass wir schon einmal in der Zukunft waren, denn zum Zurückdrehen der Zeit würde es natürlich auch gehören, dass Gott unseren Ereignisspeicher im Gehirn bzw. das ganze Gehirn auf den entsprechenden Stand zu dem ausgewählten Zeitpunkt in der Vergangenheit zurücksetzen würde.

Zusammenfassung:

Für sehr einfache, künstliche  Welten, wenn sie existieren würden, wären Zeitreisen durchaus vorstellbar. In unserer realen, hoch komplexen Welt sind Zeitreisen dagegen unmöglich, wenn man von relativistischen Effekten absieht. Allerdings sind in der Praxis auch relativistische Effekte nahezu ausgeschlossen, weil man hierzu unendlich Große Mengen an Energie (Beeinflussung der Zeit durch hohe Geschwindigkeit) oder Materie (Beeinflussung der Zeit durch Gravitation in der Nähe sehr schwerer Körper) brauchen würde, die der Menschheit aber nicht zur Verfügung stehen.

Zur Frage, ob eine Zeitmaschine vorstellbar wäre, lautet die Antwort:

Es gibt eine einzige Zeitmaschine und das ist Gott selbst, denn er könnte theoretisch jeden vergangen bzw. zukünftigen Zustand dieser Welt zu einem gegenwärtigen Zeitpunkt, indem wir uns gerade befinden, herstellen.

 

Ergänzung:

Für uns sind Reisen in die Vergangenheit nicht nur deshalb sehr schwer, weil wir kaum Zugriff auf die kleinsten Bausteine der Materie haben, sondern auch wegen der enormen Vielfalt auf Erden: Um einen vergangen Zustand dieser Welt wieder aufbauen zu können, müsste ich ja ein komplettes Bild davon abgespeichert haben. Dazu aber bedürfte es eines nahezu unendlich großen Speichers, wie ihn Menschen wohl niemals werden herstellen können. Noch dazu, wie wollte man z. B. alles, was heute am 09.09.2018 auf der Welt ist, abspeichern – es wäre ein absolut unmögliches Unterfangen, all diese Daten, diese Datenmenge einzugeben bzw. einzulesen.

 

Korrektur vom 16. September 2018

Nicht nur die Uhren der beiden o. g. Roboter müssten unmittelbar nach Einsturz des Kartenhauses stehenbleiben, sondern es müssten auch die Roboter sich unmittelbar nach Einsturz des o. g. Kartenhauses komplett abschalten, damit die Zeit in der Kartenhauswelt bzw. Plexiglasbox als stehengeblieben bezeichnet werden könnte.  Ein Zeitlauf besteht immer aus „Wesen“, die Eindrücke wahrnehmen und verarbeiten, und aus einer sich stetig verändernden Umwelt, die Eindrücke erzeugt. Damit wirklich keine Zeit mehr wäre, müsste nicht nur die Eindrücke erzeugende Umwelt „stehenbleiben“, sondern auch die „Gehirne“ der die Eindrücke verarbeitenden „Wesen“.

Würde sich z. B. RA nicht abschalten, dann würde er ständig darauf warten, dass wieder ein Stapel Karten auftaucht, aus denen er ein Kartenhaus bauen könnte. Auch „Warten“ ist ein Vorgang. Somit wäre es unsinnig, wenn nur RA’s Uhr unmittelbar nach Einsturz des Kartenhauses stehenbleiben würde, denn die Zeit läuft ja sozusagen weiter, da RA auf etwas wartet. Analoges gilt für RZ. Damit also die Zeit der Kartenhauswelt wirklich stehenbleibt, müssen nicht nur die Uhren der beiden Roboter stehenbleiben, sondern die Roboter müssen sich auch komplett abschalten.

Durch jeweils eine Taste an jedem Roboter, die von jemand, der sich außerhalb der Kartenwelt befindet, betätigt werden könnte, könnte man die Roboter wieder einschalten, was für sie eine Zeitreise in der Vergangenheit bedeuten würde (wie oben gesagt, muss der Außenstehende natürlich auch die Karten wieder sauber auf einen Stapel legen).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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